Ihre Texte

Wie versprochen, publiziere ich hier Ihre kleinen Prüfungssimulationen mit einigen Kommentaren (rot markiert) und mit Punkten, die Sie theoretisch bei der Prüfung für solche Beiträge erreichen könnten. Versuchen Sie, mit dieser Hilfe zu verstehen, wie eine ausreichende Antwort aussieht.
 
LETZTE VORLESUNG AM 22. 6.
 
Gruppe 1: Was war die zweite Republik? Welche Ereignisse grenzen ihre Dauer ab?
Die zweite Republik dauerte nur von 1938 bis 15. März 1939. Durch das Münchner Abkommen (29.-30. 9. 1938, Länder D, I, E, F) wurde das Sudetenland ins Deutsche Reich eingegliedert. 
Appeasement-Politik, Chamberlain
Am 15. 3. 1939 wurde auch  das tschechische Binnenland besetzt. (Protektorat Böhmen und Mähren)
Ganz in Ordnung, 2 Punkte
Es wurden nicht nur blosse Daten (15. 3. 1939), sondern die eigentlichen Ereignisse erklärt.
Ich glaube, man konnte auch ein paar Wörter aussparen und dadurch Zeit gewinnen, aber das ist Ihre Wahl.
Am Münchner Abkommen hat sich neben D, I und F auch Grossbritannien beteiligt, das wird bestimmt unter "E" verstanden, obwohl "E" Spanien bedeutet. Aber die Erwähnung von Chamberlain zeigt klar, dass "England" gemeint wurde. Passen Sie trotzdem besser auf.
 
Gruppe 2: Erklären Sie den Begriff "Tauwetter" im Zusammenhang mit der tschechischen Politik und Gesellschaft.
  • Ab 1956: Reaktion auf die Politik der Abschottung
  • Aus Imagegründen gegenüber im Westen, menschliches Antlitz der KP
  • Ende des Tauwetters mit Ende des Prager Frühling und dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts (um weitere Auflockerung zu vermeiden - hinzugefügt von der Konkurrenzgruppe)
  • Höhepunkt am 20. Parteitag der KP (Rede von Chruschtschow)
  • 1958 Brüsseler Expo
1,5 Punkte + 1 Bonuspunkt für die Erwähnung der Brüsseler Expo als wichtiges Beispiel der Auflockerung nach 1956 und für die Erwähnung des Chruschtschow
Abgesehen von den syntaktischen Unzulänglichkeiten (Prüfung = Stress, ich bin nicht da, um ihren Stil zu beurteilen, solange die Formulierungen klar sind) ist die Antwort etwas chaotisch. Der 20. Parteitag der KPdSU war nicht der HÖHEPUNKT, sondern der allererste Anfang des "Tauwetters". Die Periode ist zeitlich richtig eingeordnet, der Auslöser wurde benannt (nämlich der 20. Parteitag), das Prinzip auch (Auflockerung, "Kommunismus mit menschlichem Antlitz"). Der Kommunismus mit m. A. ist jedoch ein Schlagwort des Jahres 1968, der Begriff sollte also nicht im Zusammenhang mit dem Jahr 1956 stehen. In der Antwort ist es zwar nicht explizit formuliert, aber die Antwort zeigt auch nicht, ob Sie den richtigen Zusammenhang kennen oder nicht. Verkaufen Sie gut Ihre Kenntnisse!
 
Diese Übung sollte Ihnen u. a. helfen, den ausreichenden Umfang der Antworten bei 2-Punkte-Fragen einzuschätzen. Hoffentlich war die Lektion verständlich.
 
 
"MIKROKLAUSUR" AM 12. 5.
 
FRAGE: Erklären Sie die sog. Kolonisierung der Böhmischen Länder im 13. Jh.
 
Was die Antwort hätte enthalten können:
- Erklärung des Begriffs "Kolonisierung"
- Aufteilung in die innere und äussere K., dargestellt als nacheinander folgende Phasen
- Erklärung der inneren K. (von Mittelböhmen und -mähren aus)
- Erklärung der äusseren K. (Ausländer wurden eingeladen)
- Ankunft der deutschsprachigen Bevölkerung als Folge der äusseren K. - seitdem Bilinguismus in CZ
- Zeitlicher Kontext: wer hat geherrscht zu der Zeit?
- Prinzip der Besiedlung: Kultivierung der wilden Landschaft, Gewinnung von Ackerland
- Anlocken der neuen Bevölkerung durch Begünstigungen (z. B. Befreiung von Steuern während einer Frist - daher viele Ortschaften namens "Lhota" = "lhůta" = Frist)
- Städtegründungen - oft mit regelmässigem Strassennetz ("Schachbrettmuster") - Beispiele
 
In diesem Zusammenhang erinnere ich auch an den Artikel von Dorota Leśniewska über die Reflexion der deutschen Kolonisierung im 19. Jh.:
 
1)
Völkerwanderung / danach:
Menschen lebten in dünn besiedelten Gebieten ohne Identität.
Durch Kolonialisierung entstand Identität zu Böhmen od. Mähren zu gehören.
Bestimmte Landstriche wurden gezielt besiedelt.
Demograph. Wachstum, Entstehung von Städten
Systematische Kolonisation wurde von kirchlichen Orden durchgeführt.
(unlesbar) (Adelsgeschlecht), danach auch Přemysl Ottokar
 
Zwischen der Völkerwanderung und der Kolonisierung liegen fast 1000 Jahre...
Eine Identität zu finden ist in menschenleeren Gebieten natürlich so gut wie unmöglich, aber was eine Selbstidentifizierung mit Böhmen und Mähren betrifft, musste man nicht auf die Kolonisierung warten, diese Selbstidentifizierung muss es ja schon früher gegeben haben (Mährerreich, Herzogtum Böhmen - beides gab es Jahrhunderte vor der Kolonisierung).
4. Zeile stimmt, ist aber zu allgemein formuliert. Was heisst "bestimmte"?
5. Zeile bezieht sich auf das ganze Mittelalter, nicht speziell auf die Kolonisierung
Vorletzte Zeile: ich glaube, jemand hat zwei verschiedene Informationen verwechselt. Die Kolonisierung im 13. Jh. wurde vom König und von einzelnen Adeligen initiiert und durchgeführt. Die Orden haben zwar Tochterklöster in den böhmischen und mährischen Randgebieten gegründet, aber das war nur ein kleiner Teil der Kolonisierung. Ob die letzte Zeile die WITIGONEN (Vítkovci, von denen die Rosenberger und die Herren von Neuhaus abstammen) enthält, ist mir nicht klar, es wäre jedoch richtig! Sie waren eines der Adelsgeschlechter, die sich an der Kolonisierung beteiligt haben. Es freut mich, dass Sie etwas erwähnt haben, was Sie NICHT von mir gehört haben.
1 Punkt dafür
 
2) 
Kolonialisierung der Randgebiete. Arbeit (unlesbar). "Lhoty" = Frist, während der man keine Steuern zahlen musste (bei Neugründung eines Dorfes). 
Planstädte: Pilsen, Budweis, Zlatá Koruna. 
Deutschsprachige Menschen sind aufs Gebiet gekommen.
 
Zlatá Koruna ist ein Kloster. Zwar im 13. Jh. von Ottokar II. Přemysl als Konkurrenzkloster zu Hohenfurth (Vyšší Brod) gegründet, aber keine Kolonisierungsstadt.
Wie haben die Planstädte denn ausgesehen? Das Schachbrettmuster wurde zwar nicht immer eingehalten, aber es ist doch ein Identifizierungsmerkmal einer Neugründung aus der Zeit der Kolonisierung. In anderen Worten: nicht jede von Kolonisten gegründete Stadt hatte dieses regelmässige Strassennetz, aber wenn sie es schon hat, erkennt man daran, dass sie aus dieser Zeit stammt.
Die Ankunft der deutschsprachigen Bevölkerung wird erwähnt, aber die Aufteilung der Kolonisierung in Phasen nicht. 
Schade, dass diese Antwort so kurz angebunden ist. "Randgebiete", "Planstädte", auch "Kolonialisierung" sind Begriffe, die spezifiziert werden sollten.
2 Punkte
Wenn man vergleicht, was diese Antwort enthält, mit dem, was sie enthalten sollte und nicht enthält, entsteht ein Verhältnis von 2:3. Ausserdem sind die einzelnen Fakten nur halbwegs formuliert und es gibt das Problem mit Zlatá Koruna. Daher 2 Punkte.
 
3) 
- Innere & äussere. 
- Wenn du Gründer einer Siedlung warst, dann hast du keine Steuern zahlen müssen (Lhoty).
- Innere Kolonisierung: Menschen gingen vom Zentrum in die Peripherie
- Abholzung der Wälder, um Platz zu schaffen
 
Abholzung der Wälder heisst "Rodung" und ist in deutschen Ortsnamen als "-rode" zu finden (etwa Osterrode am Harz). Im Tschechischen heisst es "žďářit" und ein Beispiel für einen Ortsnamen ist Žďár nad Sázavou.
Die Erklärung zu Begünstigungen bei Neugrüdungen ist nicht präzise. Nicht nur der Gründer der Siedlung, sondern in der Regel alle Bewohner wurden von Steuern oder Naturalgaben befreit. Der Begriff "Lhota" sollte explizit erklärt werden. Steuerliche Begünstigungen waren nur eine der möglichen Begünstigungen und waren immer befristet, sonst hätte die Kolonisierung aus der Sicht des Königs keinen Sinn gehabt.
Die äussere Kolonisierung ist nicht erklärt.
Es fehlen Angaben zum zeitlichen Kontext (Herrscher, unter denen die Kolonisierung stattfand). Ausser der flüchtigen Erwähnung der Peripherie (und dies nur bei der inneren Kolonisierung) fehlen auch Angaben zur Geographie: es ging um die Randgebiete Böhmens und Mährens, die meistens gebirgig, d. h. schwer zugänglich, kalt, rauh sind.
Mit "innere & äussere" wird zwar angedeutet, dass die Kolonisierung zwei Formen hatte, aber nicht die Chronologie. Die äussere Kolonisierung fand statt, als es keine Interessenten in Mittelböhmen und -mähren gab. Erst dann wurden Ausländer eingeladen.
2 Punkte 
Die Antwort ist ungefähr so umfangreich und die Erklärungen sind so unpräzise wie bei Nr. 2, daher die gleiche Anzahl von Punkten.
 
4) 
Innere (Mittelböhmen) & äussere Kolonisierung
Sehr viele unbesied. Gebiete, z. B. mit vielen Wäldern, durch sehr schwere Arbeit zu besiedelbaren Gebieten (Wälder gerodet) gemacht - viele Deutsche wurden hergekarrt, um dort Wirtschaft zu betreiben - diese Gebiete dort, sowie seine Bewohner wurden durch steuerliche Vergünstigungen schmackhaft gemacht - "Lhoty" ("lhůta" = Frist) - befristete Befreiung von Steuern
Städtegründungen, z. B. Budweis & Pilsen (erkennbar duch "Schachbrettmustergrundriss")
Klostergründ., z. B. Zlatá Koruna
In Böhmen gab es wenig Leute - Leute aus HRR eingeladen worden (deutschsprachig) - seitdem Land bilingual
Deutliche Zunahme Bevölkerung durch landwirtschaftliche Investition
Der deutsche Kaiser Friedrich II. aus dem Haus der Stauffer
 
Der letzte Satz hat nichts zu tun mit dem Thema :-)
Abgesehen von den etwas unbeholfenen Formulierungen, die wohl auf den Zeitmangel zurückzuführen sind, finde ich diese Antwort reichhaltig: sie zeugt von einem klaren Verständnis der Sache. Man könnte noch die Herrscher aus der Zeit hinzufügen und die innere und äussere Kolonisierung als zwei NACHEINANDER folgenden Phasen darstellen, sonst enthält die Antwort viele Informationen. 
5 Punkte
(Bemühen Sie sich jedoch, präziser zu formulieren. "Schmackhaft" und "hingekarrt" und "hin-" in Verbindung mit "dort" sind keine eleganten Lösungen und eine blosse stichwortartige Erwähnung von "Mittelböhmen" ist sehr vage - wurde denn Mittelböhmen kolonisiert? Oder von Mittelböhmen aus? Warum nicht auch Mittelmähren? Punkte verlieren sollten Sie wegen solcher Formulierungen mindestens bei mir nicht, aber das bedeutet nicht, dass Sie nicht nach etwas Besserem streben sollten :-)
 
5)
Planstädte mit einem quadratischen Hauptplatz
Es wurden viele Burgen + Städte gebaut
Bevölkerungszuwachs
Goldene Sizilianische Bulle
- Anerkennung Böhmens als erbliches Königtum
- Bistümer gegründet
Přemislyden sterben mit Ottokar II. aus
Verbreitung + Expansion des Territoriums
 
Erstens,  "Přemysliden" werden vom Namen "Přemysl" abgeleitet, mit "y". Der Suffix "-iden" ist gleich wie bei Slawnikiden, Mojmiriden usw. Achtung auf die Rechtschreibung. 
Zweitens, sie sterben mit Wenzel III. aus. Zwischen ihm und Ottokar II. gab es noch Wenzel II.
Drittens, die letzten fünf Zeilen haben gar nichts mit dem Thema zu tun. Ich verstehe den Drang, keinen leeren Zettel abzugeben, aber zusammenhanglose Informationen niederzuschreiben, nur damit man beweist, dass man doch etwas weiss, hat keinen Sinn. 
Es gab viele Städte in der Geschichte der Menscheit, die einen quadratischen Hauptplatz hatten. (Ausserdem ist nicht jeder RECHTECKIGE Hauptplatz auch ein QUADRATISCHER). Genauso gab es immer Zeiten, wo viele Burgen gebaut und viele Städte gegründet wurden. 
Mit "Bevölkerungszuwachs" ist auch nicht viel gesagt. Natürlich gab es einen starken Bevölkerungszuwachs durch die äussere Kolonisierung (dadurch, dass die Böhmischen Länder mit Immigranten besiedelt wurden). Aber es gab auch einen starken Bevölkerungszuwachs nach 1000 durch die verbesserten Lebensbedingungen (also ohne die Immigration und zu einer ganz anderen Zeit).
0 Punkte